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es ist oft besser, in Ketten, als frei zu sein. Aber ich mцchte Ihnen doch zeigen, wie andere Angeklagte behandelt werden, vielleicht gelingt es Ihnen, daraus eine Lehre zu nehmen. Ich werde jetzt nдmlich Block vorrufen, sperren Sie die Tьr auf und setzen Sie sich hier neben den Nachttisch!« »Gerne«, sagte K. und tat, was der Advokat verlangt hatte; zu lernen war er immer bereit. Um sich aber fьr jeden Fall zu sichern, fragte er noch: »Sie haben aber zur Kenntnis genommen, daЯ ich Ihnen meine Vertretung entziehe?« »Ja«, sagte der Advokat, »Sie kцnnen es aber heute noch rьckgдngig machen.« Er legte sich wieder ins Bett zurьck, zog das Federbett bis zum Kinn und drehte sich der Wand zu. Dann lдutete er.
Fast gleichzeitig mit dem Glockenzeichen erschien Leni, sie suchte durch rasche Blicke zu erfahren, was geschehen war; daЯ K. ruhig beim Bett des Advokaten saЯ, schien ihr beruhigend. Sie nickte K., der sie starr ansah, lдchelnd zu. »Hole Block«, sagte der Advokat. Statt ihn aber zu holen, trat sie nur vor die Tьr, rief: »Block! Zum Advokaten!« und schlьpfte dann, wahrscheinlich weil der Advokat zur Wand abgekehrt blieb und sich um nichts kьmmerte, hinter K.s Sessel. Sie stцrte ihn von nun ab, indem sie sich ьber die Sessellehne vorbeugte oder mit den Hдnden, allerdings sehr zart und vorsichtig, durch sein Haar fuhr und ьber seine Wangen strich. SchlieЯlich suchte K. sie daran zu hindern, indem er sie bei einer Hand erfaЯte, die sie ihm nach einigem Widerstreben ьberlieЯ.
Block war auf den Anruf hin gleich gekommen, blieb aber vor der Tьr stehen und schien zu ьberlegen, ob er eintreten sollte. Er zog die Augenbrauen hoch und neigte den Kopf, als horche er, ob sich der Befehl, zum Advokaten zu kommen, wiederholen wьrde. K. hдtte ihn zum Eintreten aufmuntern kцnnen, aber er hatte sich vorgenommen, nicht nur mit dem Advokaten, sondern mit allem, was hier in der Wohnung war, endgьltig zu brechen und verhielt sich deshalb regungslos. Auch Leni schwieg. Block bemerkte, daЯ ihn wenigstens niemand verjage und trat auf den FuЯspitzen ein, das Gesicht gespannt, die Hдnde auf dem Rьcken verkrampft. Die Tьr hatte er fьr einen mцglichen Rьckzug offen gelassen. K. blickte er gar nicht an, sondern immer nur das hohe Federbett, unter dem der Advokat, da er sich ganz nahe an die Wand geschoben hatte, nicht einmal zu sehen war. Da hцrte man aber seine Stimme: »Block hier?« fragte er. Diese Frage gab Block, der schon eine groЯe Strecke weitergerьckt war, fцrmlich einen StoЯ in die Brust und dann einen in den Rьcken, er taumelte, blieb tief gebьckt stehen und sagte: »Zu dienen.« »Was willst du?« fragte der Advokat, »du kommst ungelegen.« »Wurde ich nicht gerufen?« fragte Block mehr sich selbst als den Advokaten, hielt die Hдnde zum Schutze vor und war bereit, wegzulaufen. »Du wurdest gerufen«, sagte der Advokat, »trotzdem kommst du ungelegen.« Und nach einer Pause fьgte er hinzu: »Du kommst immer ungelegen.« Seitdem der Advokat sprach, sah Block nicht mehr auf das Bett hin, er starrte vielmehr irgendwo in eine Ecke und lauschte nur, als sei der Anblick des Sprechers zu blendend, als daЯ er ihn ertragen kцnnte. Es war aber auch das Zuhцren schwer, denn der Advokat sprach gegen die Wand, und zwar leise und schnell. »Wollt Ihr, daЯ ich weggehe?« fragte Block. »Nun bist du einmal da«, sagte der Advokat. »Bleib!« Man hдtte glauben kцnnen, der Advokat habe nicht Blocks Wunsch erfьllt, sondern ihm, etwa mit Prьgeln, gedroht, denn jetzt fing Block wirklich zu zittern an. »Ich war gestern«, sagte der Advokat, »beim Dritten Richter, meinem Freund, und habe allmдhlich das Gesprдch auf dich gelenkt. Willst du wissen, was er sagte?« »O bitte«, sagte Block. Da der Advokat nicht gleich antwortete, wiederholte Block nochmals die Bitte und neigte sich, als wolle er niederknien. Da fuhr ihn aber K. an: »Was tust du?« rief er. Da ihn Leni an dem Ausruf hatte hindern wollen, faЯte er auch ihre zweite Hand. Es war nicht der Druck der Liebe, mit dem er sie festhielt, sie seufzte auch цfters und suchte ihm die Hдnde zu entwinden. Fьr K.s Ausruf aber wurde Block gestraft, denn der Advokat fragte ihn: »Wer ist denn dein Advokat?« »Ihr seid es«, sagte Block. »Und auЯer mir?« fragte der Advokat. »Niemand auЯer Euch«, sagte Block. »Dann folge auch niemandem sonst«, sagte der Advokat. Block erkannte das vollstдndig an, er maЯ K. mit bцsen Blicken und schьttelte heftig gegen ihn den Kopf. Hдtte man dieses Benehmen in Worte ьbersetzt, so wдren es grobe Beschimpfungen gewesen. Mit diesem Menschen hatte K. freundschaftlich ьber seine eigene Sache reden wollen! »Ich werde dich nicht mehr stцren«, sagte K., in den Sessel zurьckgelehnt. »Knie nieder oder krieche auf allen vieren, tu, was du willst. Ich werde mich darum nicht kьmmern.« Aber Block hatte doch Ehrgefьhl, wenigstens gegenьber K., denn er ging, mit den Fдusten fuchtelnd, auf ihn zu, und rief so laut, als er es nur in der Nдhe des Advokaten wagte: »Sie dьrfen nicht so mit mir reden, das ist nicht erlaubt. Warum beleidigen Sie mich? Und ьberdies noch hier, vor dem Herrn Advokaten, wo wir beide, Sie und ich, nur aus Barmherzigkeit geduldet sind? Sie sind kein besserer Mensch als ich, denn Sie sind auch angeklagt und haben auch einen ProzeЯ. Wenn Sie aber trotzdem noch ein Herr sind, dann bin ich ein ebensolcher Herr, wenn nicht gar ein noch grцЯerer. Und ich will auch als ein solcher angesprochen werden, gerade von Ihnen. Wenn Sie sich aber dadurch fьr bevorzugt halten, daЯ Sie hier sitzen und ruhig zuhцren dьrfen, wдhrend ich, wie Sie sich ausdrьcken, auf allen vieren krieche, dann erinnere ich Sie an den alten Rechtsspruch: fьr den Verdдchtigen ist Bewegung besser als Ruhe, denn der, welcher ruht, kann immer, ohne es zu wissen, auf einer Waagschale sein und mit seinen Sьnden gewogen werden.« K. sagte nichts, er staunte nur mit unbeweglichen Augen diesen verwirrten Menschen an. Was fьr Verдnderungen waren mit ihm nur schon in der letzten Stunde vor sich gegangen! War es der ProzeЯ, der ihn so hin und her warf und ihn nicht erkennen lieЯ, wo Freund und wo Feind war? Sah er denn nicht, daЯ der Advokat ihn absichtlich demьtigte und diesmal nichts anderes bezweckte, als sich vor K. mit seiner Macht zu brьsten und sich dadurch vielleicht auch K. zu unterwerfen? Wenn Block aber nicht fдhig war, das zu erkennen oder wenn er den Advokaten so sehr fьrchtete, daЯ ihm jene Erkenntnis nichts helfen konnte, wie kam es, daЯ er doch wieder so schlau oder so kьhn war, den Advokaten zu betrьgen und ihm zu verschweigen, daЯ er auЯer ihm noch andere Advokaten fьr sich arbeiten lieЯ? Und wie wagte er es, K. anzugreifen, da dieser doch gleich sein Geheimnis verraten konnte? Aber er wagte noch mehr, er ging zum Bett des Advokaten und begann, sich nun auch dort ьber K. zu beschweren: »Herr Advokat«, sagte er, »habt Ihr gehцrt, wie dieser Mann mit mir gesprochen hat? Man kann noch die Stunden seines Prozesses zдhlen, und schon will er mir, einem Mann, der Fьnfjahre im Prozesse steht, gute Lehren geben. Er beschimpft mich sogar. WeiЯ nichts und beschimpft mich, der ich, soweit meine schwachen Krдfte reichen, genau studiert habe, was Anstand, Pflicht und Gerichtsgebrauch verlangt.« »Kьmmere dich um niemanden«, sagte der Advokat, »und tue, was dir richtig scheint.« »GewiЯ«, sagte Block, als spreche er sich selbst Mut zu, und kniete unter einem kurzen Seitenblick nun knapp beim Bett nieder. »Ich knie schon, mein Advokat«, sagte er. Der Advokat schwieg aber. Block streichelte mit einer Hand vorsichtig das Federbett. In der Stille, die jetzt herrschte, sagte Leni, indem sie sich von K.s Hдnden befreite: »Du machst mir Schmerzen. LaЯ mich. Ich gehe zu Block.« Sie ging hin und setzte sich auf den Bettrand. Block war ьber ihr Kommen sehr erfreut, er bat sie gleich durch lebhafte, aber stumme Zeichen, sich beim Advokaten fьr ihn einzusetzen. Er benцtigte offenbar die Mitteilungen des Advokaten sehr dringend, aber vielleicht nur zu dem Zweck, um sie durch seine ьbrigen Advokaten ausnutzen zu lassen. Leni wuЯte wahrscheinlich genau, wie man dem Advokaten beikommen kцnne, sie zeigte auf die Hand des Advokaten und spitzte die Lippen wie zum KuЯ. Gleich fьhrte Block den HandkuЯ aus und wiederholte ihn, auf eine Aufforderung Lenis hin, noch zweimal. Aber der Advokat schwieg noch immer. Da beugte sich Leni ьber den Advokaten hin, der schцne Wuchs ihres Kцrpers wurde sichtbar, als sie sich so streckte, und strich, tief zu seinem Gesicht geneigt, ьber sein langes, weiЯes Haar. Das zwang ihm nun doch eine Antwort ab. »Ich zцgere, es ihm mitzuteilen«, sagte der Advokat, und man sah, wie er den Kopf ein wenig schьttelte, vielleicht, um des Druckes von Lenis Hand mehr teilhaftig zu werden. Block horchte mit gesenktem Kopf, als ьbertrete er durch dieses Horchen ein Gebot. »Warum zцgerst du denn?« fragte Leni. K. hatte das Gefьhl, als hцre er ein einstudiertes Gesprдch, das sich schon oft wiederholt hatte, das sich noch oft wiederholen wьrde und das nur fьr Block seine Neuheit nicht verlieren konnte. »Wie hat er sich heute verhalten?« fragte der Advokat, statt zu antworten. Ehe sich Leni darьber дuЯerte, sah sie zu Block hinunter und beobachtete ein Weilchen, wie er die Hдnde ihr entgegenhob und bittend aneinander rieb. SchlieЯlich nickte sie ernst, wandte sich zum Advokaten und sagte: »Er war ruhig und fleiЯig.« Ein alter Kaufmann, ein Mann mit langem Bart, flehte ein junges Mдdchen um ein gьnstiges Zeugnis an. Mochte er dabei auch Hintergedanken haben, nichts konnte ihn in den Augen eines Mitmenschen rechtfertigen. K. begriff nicht, wie der Advokat daran hatte denken kцnnen, durch diese Vorfьhrung ihn zu gewinnen. Hдtte er ihn nicht schon frьher verjagt, er hдtte es durch diese Szene erreicht. Er entwьrdigte fast den Zuseher.
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Fast gleichzeitig mit dem Glockenzeichen erschien Leni, sie suchte durch rasche Blicke zu erfahren, was geschehen war; daЯ K. ruhig beim Bett des Advokaten saЯ, schien ihr beruhigend. Sie nickte K., der sie starr ansah, lдchelnd zu. »Hole Block«, sagte der Advokat. Statt ihn aber zu holen, trat sie nur vor die Tьr, rief: »Block! Zum Advokaten!« und schlьpfte dann, wahrscheinlich weil der Advokat zur Wand abgekehrt blieb und sich um nichts kьmmerte, hinter K.s Sessel. Sie stцrte ihn von nun ab, indem sie sich ьber die Sessellehne vorbeugte oder mit den Hдnden, allerdings sehr zart und vorsichtig, durch sein Haar fuhr und ьber seine Wangen strich. SchlieЯlich suchte K. sie daran zu hindern, indem er sie bei einer Hand erfaЯte, die sie ihm nach einigem Widerstreben ьberlieЯ.
Block war auf den Anruf hin gleich gekommen, blieb aber vor der Tьr stehen und schien zu ьberlegen, ob er eintreten sollte. Er zog die Augenbrauen hoch und neigte den Kopf, als horche er, ob sich der Befehl, zum Advokaten zu kommen, wiederholen wьrde. K. hдtte ihn zum Eintreten aufmuntern kцnnen, aber er hatte sich vorgenommen, nicht nur mit dem Advokaten, sondern mit allem, was hier in der Wohnung war, endgьltig zu brechen und verhielt sich deshalb regungslos. Auch Leni schwieg. Block bemerkte, daЯ ihn wenigstens niemand verjage und trat auf den FuЯspitzen ein, das Gesicht gespannt, die Hдnde auf dem Rьcken verkrampft. Die Tьr hatte er fьr einen mцglichen Rьckzug offen gelassen. K. blickte er gar nicht an, sondern immer nur das hohe Federbett, unter dem der Advokat, da er sich ganz nahe an die Wand geschoben hatte, nicht einmal zu sehen war. Da hцrte man aber seine Stimme: »Block hier?« fragte er. Diese Frage gab Block, der schon eine groЯe Strecke weitergerьckt war, fцrmlich einen StoЯ in die Brust und dann einen in den Rьcken, er taumelte, blieb tief gebьckt stehen und sagte: »Zu dienen.« »Was willst du?« fragte der Advokat, »du kommst ungelegen.« »Wurde ich nicht gerufen?« fragte Block mehr sich selbst als den Advokaten, hielt die Hдnde zum Schutze vor und war bereit, wegzulaufen. »Du wurdest gerufen«, sagte der Advokat, »trotzdem kommst du ungelegen.« Und nach einer Pause fьgte er hinzu: »Du kommst immer ungelegen.« Seitdem der Advokat sprach, sah Block nicht mehr auf das Bett hin, er starrte vielmehr irgendwo in eine Ecke und lauschte nur, als sei der Anblick des Sprechers zu blendend, als daЯ er ihn ertragen kцnnte. Es war aber auch das Zuhцren schwer, denn der Advokat sprach gegen die Wand, und zwar leise und schnell. »Wollt Ihr, daЯ ich weggehe?« fragte Block. »Nun bist du einmal da«, sagte der Advokat. »Bleib!« Man hдtte glauben kцnnen, der Advokat habe nicht Blocks Wunsch erfьllt, sondern ihm, etwa mit Prьgeln, gedroht, denn jetzt fing Block wirklich zu zittern an. »Ich war gestern«, sagte der Advokat, »beim Dritten Richter, meinem Freund, und habe allmдhlich das Gesprдch auf dich gelenkt. Willst du wissen, was er sagte?« »O bitte«, sagte Block. Da der Advokat nicht gleich antwortete, wiederholte Block nochmals die Bitte und neigte sich, als wolle er niederknien. Da fuhr ihn aber K. an: »Was tust du?« rief er. Da ihn Leni an dem Ausruf hatte hindern wollen, faЯte er auch ihre zweite Hand. Es war nicht der Druck der Liebe, mit dem er sie festhielt, sie seufzte auch цfters und suchte ihm die Hдnde zu entwinden. Fьr K.s Ausruf aber wurde Block gestraft, denn der Advokat fragte ihn: »Wer ist denn dein Advokat?« »Ihr seid es«, sagte Block. »Und auЯer mir?« fragte der Advokat. »Niemand auЯer Euch«, sagte Block. »Dann folge auch niemandem sonst«, sagte der Advokat. Block erkannte das vollstдndig an, er maЯ K. mit bцsen Blicken und schьttelte heftig gegen ihn den Kopf. Hдtte man dieses Benehmen in Worte ьbersetzt, so wдren es grobe Beschimpfungen gewesen. Mit diesem Menschen hatte K. freundschaftlich ьber seine eigene Sache reden wollen! »Ich werde dich nicht mehr stцren«, sagte K., in den Sessel zurьckgelehnt. »Knie nieder oder krieche auf allen vieren, tu, was du willst. Ich werde mich darum nicht kьmmern.« Aber Block hatte doch Ehrgefьhl, wenigstens gegenьber K., denn er ging, mit den Fдusten fuchtelnd, auf ihn zu, und rief so laut, als er es nur in der Nдhe des Advokaten wagte: »Sie dьrfen nicht so mit mir reden, das ist nicht erlaubt. Warum beleidigen Sie mich? Und ьberdies noch hier, vor dem Herrn Advokaten, wo wir beide, Sie und ich, nur aus Barmherzigkeit geduldet sind? Sie sind kein besserer Mensch als ich, denn Sie sind auch angeklagt und haben auch einen ProzeЯ. Wenn Sie aber trotzdem noch ein Herr sind, dann bin ich ein ebensolcher Herr, wenn nicht gar ein noch grцЯerer. Und ich will auch als ein solcher angesprochen werden, gerade von Ihnen. Wenn Sie sich aber dadurch fьr bevorzugt halten, daЯ Sie hier sitzen und ruhig zuhцren dьrfen, wдhrend ich, wie Sie sich ausdrьcken, auf allen vieren krieche, dann erinnere ich Sie an den alten Rechtsspruch: fьr den Verdдchtigen ist Bewegung besser als Ruhe, denn der, welcher ruht, kann immer, ohne es zu wissen, auf einer Waagschale sein und mit seinen Sьnden gewogen werden.« K. sagte nichts, er staunte nur mit unbeweglichen Augen diesen verwirrten Menschen an. Was fьr Verдnderungen waren mit ihm nur schon in der letzten Stunde vor sich gegangen! War es der ProzeЯ, der ihn so hin und her warf und ihn nicht erkennen lieЯ, wo Freund und wo Feind war? Sah er denn nicht, daЯ der Advokat ihn absichtlich demьtigte und diesmal nichts anderes bezweckte, als sich vor K. mit seiner Macht zu brьsten und sich dadurch vielleicht auch K. zu unterwerfen? Wenn Block aber nicht fдhig war, das zu erkennen oder wenn er den Advokaten so sehr fьrchtete, daЯ ihm jene Erkenntnis nichts helfen konnte, wie kam es, daЯ er doch wieder so schlau oder so kьhn war, den Advokaten zu betrьgen und ihm zu verschweigen, daЯ er auЯer ihm noch andere Advokaten fьr sich arbeiten lieЯ? Und wie wagte er es, K. anzugreifen, da dieser doch gleich sein Geheimnis verraten konnte? Aber er wagte noch mehr, er ging zum Bett des Advokaten und begann, sich nun auch dort ьber K. zu beschweren: »Herr Advokat«, sagte er, »habt Ihr gehцrt, wie dieser Mann mit mir gesprochen hat? Man kann noch die Stunden seines Prozesses zдhlen, und schon will er mir, einem Mann, der Fьnfjahre im Prozesse steht, gute Lehren geben. Er beschimpft mich sogar. WeiЯ nichts und beschimpft mich, der ich, soweit meine schwachen Krдfte reichen, genau studiert habe, was Anstand, Pflicht und Gerichtsgebrauch verlangt.« »Kьmmere dich um niemanden«, sagte der Advokat, »und tue, was dir richtig scheint.« »GewiЯ«, sagte Block, als spreche er sich selbst Mut zu, und kniete unter einem kurzen Seitenblick nun knapp beim Bett nieder. »Ich knie schon, mein Advokat«, sagte er. Der Advokat schwieg aber. Block streichelte mit einer Hand vorsichtig das Federbett. In der Stille, die jetzt herrschte, sagte Leni, indem sie sich von K.s Hдnden befreite: »Du machst mir Schmerzen. LaЯ mich. Ich gehe zu Block.« Sie ging hin und setzte sich auf den Bettrand. Block war ьber ihr Kommen sehr erfreut, er bat sie gleich durch lebhafte, aber stumme Zeichen, sich beim Advokaten fьr ihn einzusetzen. Er benцtigte offenbar die Mitteilungen des Advokaten sehr dringend, aber vielleicht nur zu dem Zweck, um sie durch seine ьbrigen Advokaten ausnutzen zu lassen. Leni wuЯte wahrscheinlich genau, wie man dem Advokaten beikommen kцnne, sie zeigte auf die Hand des Advokaten und spitzte die Lippen wie zum KuЯ. Gleich fьhrte Block den HandkuЯ aus und wiederholte ihn, auf eine Aufforderung Lenis hin, noch zweimal. Aber der Advokat schwieg noch immer. Da beugte sich Leni ьber den Advokaten hin, der schцne Wuchs ihres Kцrpers wurde sichtbar, als sie sich so streckte, und strich, tief zu seinem Gesicht geneigt, ьber sein langes, weiЯes Haar. Das zwang ihm nun doch eine Antwort ab. »Ich zцgere, es ihm mitzuteilen«, sagte der Advokat, und man sah, wie er den Kopf ein wenig schьttelte, vielleicht, um des Druckes von Lenis Hand mehr teilhaftig zu werden. Block horchte mit gesenktem Kopf, als ьbertrete er durch dieses Horchen ein Gebot. »Warum zцgerst du denn?« fragte Leni. K. hatte das Gefьhl, als hцre er ein einstudiertes Gesprдch, das sich schon oft wiederholt hatte, das sich noch oft wiederholen wьrde und das nur fьr Block seine Neuheit nicht verlieren konnte. »Wie hat er sich heute verhalten?« fragte der Advokat, statt zu antworten. Ehe sich Leni darьber дuЯerte, sah sie zu Block hinunter und beobachtete ein Weilchen, wie er die Hдnde ihr entgegenhob und bittend aneinander rieb. SchlieЯlich nickte sie ernst, wandte sich zum Advokaten und sagte: »Er war ruhig und fleiЯig.« Ein alter Kaufmann, ein Mann mit langem Bart, flehte ein junges Mдdchen um ein gьnstiges Zeugnis an. Mochte er dabei auch Hintergedanken haben, nichts konnte ihn in den Augen eines Mitmenschen rechtfertigen. K. begriff nicht, wie der Advokat daran hatte denken kцnnen, durch diese Vorfьhrung ihn zu gewinnen. Hдtte er ihn nicht schon frьher verjagt, er hдtte es durch diese Szene erreicht. Er entwьrdigte fast den Zuseher.
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