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Ja, es war eine Untersuchungskommission hier«, fьgte K. hinzu, da ihn das Frдulein mit einem fragenden Blick ansah. »Ihretwegen?« fragte das Frдulein. »Ja«, antwortete K. »Nein!« rief das Frдulein und lachte. »Doch«, sagte K., »glauben Sie denn, daЯ ich schuldlos bin?« »Nun, schuldlos ...« sagte das Frдulein, »ich will nicht gleich ein vielleicht folgenschweres Urteil aussprechen, auch kenne ich Sie doch nicht, es muЯ doch schon ein schwerer Verbrecher sein, dem man gleich eine Untersuchungskommission auf den Leib schickt. Da Sie aber doch frei sind – ich schlieЯe wenigstens aus Ihrer Ruhe, daЯ Sie nicht aus dem Gefдngnis entlaufen sind – so kцnnen Sie doch kein solches Verbrechen begangen haben.« »Ja«, sagte K., »aber die Untersuchungskommission kann doch eingesehen haben, daЯ ich unschuldig bin oder doch nicht so schuldig, wie angenommen wurde.« »GewiЯ, das kann sein«, sagte Frдulein Bьrstner sehr aufmerksam. »Sehen Sie«, sagte K., »Sie haben nicht viel Erfahrung in Gerichtssachen.« »Nein, das habe ich nicht«, sagte Frдulein Bьrstner, »und habe es auch schon oft bedauert, denn ich mцchte alles wissen, und gerade Gerichtssachen interessieren mich ungemein. Das Gericht hat eine eigentьmliche Anziehungskraft, nicht? Aber ich werde in dieser Richtung meine Kenntnisse sicher vervollstдndigen, denn ich trete nдchsten Monat als Kanzleikraft in ein Advokatenbьro ein.« »Das ist sehr gut«, sagte K., »Sie werden mir dann in meinem ProzeЯ ein wenig helfen kцnnen.« »Das kцnnte sein«, sagte Frдulein Bьrstner, »warum denn nicht? Ich verwende gern meine Kenntnisse.« »Ich meine es auch im Ernst«, sagte K., »oder zumindest in dem halben Ernst, in dem Sie es meinen. Um einen Advokaten heranzuziehen, dazu ist die Sache doch zu kleinlich, aber einen Ratgeber kцnnte ich gut brauchen.« »Ja, aber wenn ich Ratgeber sein soll, mьЯte ich wissen, worum es sich handelt«, sagte Frдulein Bьrstner. »Das ist eben der Haken«, sagte K., »das weiЯ ich selbst nicht.« »Dann haben Sie sich also einen SpaЯ aus mir gemacht«, sagte Frдulein Bьrstner ьbermдЯig enttдuscht, »es war hцchst unnцtig, sich diese spдte Nachtzeit dazu auszusuchen.« Und sie ging von den Photographien weg, wo sie so lange vereinigt gestanden hatten. »Aber nein, Frдulein«, sagte K., »ich mache keinen SpaЯ. DaЯ Sie mir nicht glauben wollen! Was ich weiЯ, habe ich Ihnen schon gesagt. Sogar mehr als ich weiЯ, denn es war gar keine Untersuchungskommission, ich nenne es so, weil ich keinen andern Namen dafьr weiЯ. Es wurde gar nichts untersucht, ich wurde nur verhaftet, aber von einer Kommission.« Frдulein Bьrstner saЯ auf der Ottomane und lachte wieder. »Wie war es denn?« fragte sie. »Schrecklich«, sagte K., aber er dachte jetzt gar nicht daran, sondern war ganz vom Anblick des Frдulein Bьrstner ergriffen, die das Gesicht auf eine Hand stьtzte – der Ellbogen ruhte auf dem Kissen der Ottomane – wдhrend die andere Hand langsam die Hьfte strich. »Das ist zu allgemein«, sagte Frдulein Bьrstner. »Was ist zu allgemein?« fragte K. Dann erinnerte er sich und fragte: »Soll ich Ihnen zeigen, wie es gewesen ist?« Er wollte Bewegung machen und doch nicht weggehen. »Ich bin schon mьde«, sagte Frдulein Bьrstner. »Sie kamen so spдt«, sagte K. »Nun endet es damit, daЯ ich Vorwьrfe bekomme, es ist auch berechtigt, denn ich hдtte Sie nicht mehr hereinlassen sollen. Notwendig war es ja auch nicht, wie es sich gezeigt hat.« »Es war notwendig, das werden Sie erst jetzt sehn«, sagte K. »Darf ich das Nachttischchen von Ihrem Bett herrьcken?« »Was fдllt Ihnen ein?« sagte Frдulein Bьrstner, »das dьrfen Sie natьrlich nicht!« »Dann kann ich es Ihnen nicht zeigen«, sagte K. aufgeregt, als fьge man ihm dadurch einen unermeЯlichen Schaden zu. »Ja, wenn Sie es zur Darstellung brauchen, dann rьcken Sie das Tischchen nur ruhig fort«, sagte Frдulein Bьrstner und fьgte nach einem Weilchen mit schwдcherer Stimme hinzu: »Ich bin so mьde, daЯ ich mehr erlaube, als gut ist.« K. stellte das Tischchen in die Mitte des Zimmers und setzte sich dahinter. »Sie mьssen sich die Verteilung der Personen richtig vorstellen, es ist sehr interessant. Ich bin der Aufseher, dort auf dem Koffer sitzen zwei Wдchter, bei den Photographien stehen drei junge Leute. An der Fensterklinke hдngt, was ich nur nebenbei erwдhne, eine weiЯe Bluse. Und jetzt fдngt es an. Ja, ich vergesse mich. Die wichtigste Person, also ich, stehe hier vor dem Tischchen. Der Aufseher sitzt дuЯerst bequem, die Beine ьbereinandergelegt, den Arm hier ьber die Lehne hinunterhдngend, ein Lьmmel sondergleichen. Und jetzt fдngt es also wirklich an. Der Aufseher ruft, als ob er mich wecken mьЯte, er schreit geradezu, ich muЯ leider, wenn ich es Ihnen begreiflich machen will, auch schreien, es ist ьbrigens nur mein Name, den er so schreit.« Frдulein Bьrstner, die lachend zuhцrte, legte den Zeigefinger an den Mund, um K. am Schreien zu hindern, aber es war zu spдt. K. war zu sehr in der Rolle, er rief langsam: »Josef K.!«, ьbrigens nicht so laut, wie er gedroht hatte, aber doch so, daЯ sich der Ruf, nachdem er plцtzlich ausgestoЯen war, erst allmдhlich im Zimmer zu verbreiten schien.
Da klopfte es an die Tьr des Nebenzimmers einigemal, stark, kurz und regelmдЯig. Frдulein Bьrstner erbleichte und legte die Hand aufs Herz. K. erschrak deshalb besonders stark, weil er noch ein Weilchen ganz unfдhig gewesen war, an etwas anderes zu denken als an die Vorfдlle des Morgens und an das Mдdchen, dem er sie vorfьhrte. Kaum hatte er sich gefaЯt, sprang er zu Frдulein Bьrstner und nahm ihre Hand. »Fьrchten Sie nichts«, flьsterte er, »ich werde alles in Ordnung bringen. Wer kann es aber sein? Hier nebenan ist doch nur das Wohnzimmer, in dem niemand schlдft. Doch«, flьsterte Frдulein Bьrstner an K.s Ohr, »seit gestern schlдft hier ein Neffe von Frau Grubach, ein Hauptmann. Es ist gerade kein anderes Zimmer frei. Auch ich habe es vergessen. DaЯ Sie so schreien muЯten! Ich bin unglьcklich darьber.« »Dafьr ist gar kein Grund«, sagte K. und kьЯte, als sie jetzt auf das Kissen zurьcksank, ihre Stirn. »Weg, weg«, sagte sie und richtete sich eilig wieder auf, »gehen Sie doch, gehen Sie doch, was wollen Sie, er horcht doch an der Tьr, er hцrt doch alles. Wie Sie mich quдlen! Ich gehe nicht frьher«, sagte K., »als Sie ein wenig beruhigt sind. Kommen Sie in die andere Ecke des Zimmers, dort kann er uns nicht hцren.« Sie lieЯ sich dorthin fьhren. »Sie ьberlegen nicht«, sagte er, »daЯ es sich zwar um eine Unannehmlichkeit fьr Sie handelt, aber durchaus nicht um eine Gefahr. Sie wissen, wie mich Frau Grubach, die in dieser Sache doch entscheidet, besonders da der Hauptmann ihr Neffe ist, geradezu verehrt und alles, was ich sage, unbedingt glaubt. Sie ist auch im ьbrigen von mir abhдngig, denn sie hat eine grцЯere Summe von mir geliehen. Jeden Ihrer Vorschlдge ьber eine Erklдrung fьr unser Beisammen nehme ich an, wenn es nur ein wenig zweckentsprechend ist, und verbьrge mich, Frau Grubach dazu zu bringen, die Erklдrung nicht nur vor der Цffentlichkeit, sondern wirklich und aufrichtig zu glauben. Mich mьssen Sie dabei in keiner Weise schonen. Wollen Sie verbreitet haben, daЯ ich Sie ьberfallen habe, so wird Frau Grubach in diesem Sinne unterrichtet werden und wird es glauben, ohne das Vertrauen zu mir zu verlieren, so sehr hдngt sie an mir.« Frдulein Bьrstner sah, still und ein wenig zusammengesunken, vor sich auf den Boden. »Warum sollte Frau Grubach nicht glauben, daЯ ich Sie ьberfallen habe?« fьgte K. hinzu. Vor sich sah er ihr Haar, geteiltes, niedrig gebauschtes, fest zusammengehaltenes, rцtliches Haar. Er glaubte, sie werde ihm den Blick zuwenden, aber sie sagte in unverдnderter Haltung: »Verzeihen Sie, ich bin durch das plцtzliche Klopfen so erschreckt worden, nicht so sehr durch die Folgen, die die Anwesenheit des Hauptmannes haben kцnnte. Es war so still nach Ihrem Schrei, und da klopfte es, deshalb bin ich so erschrocken, ich saЯ auch in der Nдhe der Tьr, es klopfte fast neben mir. Fьr Ihre Vorschlдge danke ich, aber ich nehme sie nicht an. Ich kann fьr alles, was in meinem Zimmer geschieht, die Verantwortung tragen, und zwar gegenьber jedem. Ich wundere mich, daЯ Sie nicht merken, was fьr eine Beleidigung fьr mich in Ihren Vorschlдgen liegt, neben den guten Absichten natьrlich, die ich gewiЯ anerkenne. Aber nun gehen Sie, lassen Sie mich allein, ich habe es jetzt noch nцtiger als frьher. Aus den wenigen Minuten, um die Sie gebeten haben, ist nun eine halbe Stunde und mehr geworden.« K. faЯte sie bei der Hand und dann beim Handgelenk: »Sie sind mir aber nicht bцse?« sagte er. Sie streifte seine Hand ab und antwortete: »Nein, nein, ich bin niemals und niemandem bцse.« Er faЯte wieder nach ihrem Handgelenk, sie duldete es jetzt und fьhrte ihn so zur Tьr. Er war fest entschlossen, wegzugehen. Aber vor der Tьr, als hдtte er nicht erwartet, hier eine Tьr zu finden, stockte er, diesen Augenblick benьtzte Frдulein Bьrstner, sich loszumachen, die Tьr zu цffnen, ins Vorzimmer zu schlьpfen und von dort aus K. leise zu sagen: »Nun kommen Sie doch, bitte. Sehen Sie« – sie zeigte auf die Tьr des Hauptmanns, unter der ein Lichtschein hervorkam – »er hat angezьndet und unterhдlt sich ьber uns.« »Ich komme schon«, sagte K., lief vor, faЯte sie, kьЯte sie auf den Mund und dann ьber das ganze Gesicht, wie ein durstiges Tier mit der Zunge ьber das endlich gefundene Quellwasser hinjagt. SchlieЯlich kьЯte er sie auf den Hals, wo die Gurgel ist, und dort lieЯ er die Lippen lange liegen. Ein Gerдusch aus dem Zimmer des Hauptmanns lieЯ ihn aufschauen. »Jetzt werde ich gehen«, sagte er, er wollte Frдulein Bьrstner beim Taufnamen nennen, wuЯte ihn aber nicht. Sie nickte mьde, ьberlieЯ ihm, schon halb abgewendet, die Hand zum Kьssen, als wisse sie nichts davon, und ging gebьckt in ihr Zimmer.
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Da klopfte es an die Tьr des Nebenzimmers einigemal, stark, kurz und regelmдЯig. Frдulein Bьrstner erbleichte und legte die Hand aufs Herz. K. erschrak deshalb besonders stark, weil er noch ein Weilchen ganz unfдhig gewesen war, an etwas anderes zu denken als an die Vorfдlle des Morgens und an das Mдdchen, dem er sie vorfьhrte. Kaum hatte er sich gefaЯt, sprang er zu Frдulein Bьrstner und nahm ihre Hand. »Fьrchten Sie nichts«, flьsterte er, »ich werde alles in Ordnung bringen. Wer kann es aber sein? Hier nebenan ist doch nur das Wohnzimmer, in dem niemand schlдft. Doch«, flьsterte Frдulein Bьrstner an K.s Ohr, »seit gestern schlдft hier ein Neffe von Frau Grubach, ein Hauptmann. Es ist gerade kein anderes Zimmer frei. Auch ich habe es vergessen. DaЯ Sie so schreien muЯten! Ich bin unglьcklich darьber.« »Dafьr ist gar kein Grund«, sagte K. und kьЯte, als sie jetzt auf das Kissen zurьcksank, ihre Stirn. »Weg, weg«, sagte sie und richtete sich eilig wieder auf, »gehen Sie doch, gehen Sie doch, was wollen Sie, er horcht doch an der Tьr, er hцrt doch alles. Wie Sie mich quдlen! Ich gehe nicht frьher«, sagte K., »als Sie ein wenig beruhigt sind. Kommen Sie in die andere Ecke des Zimmers, dort kann er uns nicht hцren.« Sie lieЯ sich dorthin fьhren. »Sie ьberlegen nicht«, sagte er, »daЯ es sich zwar um eine Unannehmlichkeit fьr Sie handelt, aber durchaus nicht um eine Gefahr. Sie wissen, wie mich Frau Grubach, die in dieser Sache doch entscheidet, besonders da der Hauptmann ihr Neffe ist, geradezu verehrt und alles, was ich sage, unbedingt glaubt. Sie ist auch im ьbrigen von mir abhдngig, denn sie hat eine grцЯere Summe von mir geliehen. Jeden Ihrer Vorschlдge ьber eine Erklдrung fьr unser Beisammen nehme ich an, wenn es nur ein wenig zweckentsprechend ist, und verbьrge mich, Frau Grubach dazu zu bringen, die Erklдrung nicht nur vor der Цffentlichkeit, sondern wirklich und aufrichtig zu glauben. Mich mьssen Sie dabei in keiner Weise schonen. Wollen Sie verbreitet haben, daЯ ich Sie ьberfallen habe, so wird Frau Grubach in diesem Sinne unterrichtet werden und wird es glauben, ohne das Vertrauen zu mir zu verlieren, so sehr hдngt sie an mir.« Frдulein Bьrstner sah, still und ein wenig zusammengesunken, vor sich auf den Boden. »Warum sollte Frau Grubach nicht glauben, daЯ ich Sie ьberfallen habe?« fьgte K. hinzu. Vor sich sah er ihr Haar, geteiltes, niedrig gebauschtes, fest zusammengehaltenes, rцtliches Haar. Er glaubte, sie werde ihm den Blick zuwenden, aber sie sagte in unverдnderter Haltung: »Verzeihen Sie, ich bin durch das plцtzliche Klopfen so erschreckt worden, nicht so sehr durch die Folgen, die die Anwesenheit des Hauptmannes haben kцnnte. Es war so still nach Ihrem Schrei, und da klopfte es, deshalb bin ich so erschrocken, ich saЯ auch in der Nдhe der Tьr, es klopfte fast neben mir. Fьr Ihre Vorschlдge danke ich, aber ich nehme sie nicht an. Ich kann fьr alles, was in meinem Zimmer geschieht, die Verantwortung tragen, und zwar gegenьber jedem. Ich wundere mich, daЯ Sie nicht merken, was fьr eine Beleidigung fьr mich in Ihren Vorschlдgen liegt, neben den guten Absichten natьrlich, die ich gewiЯ anerkenne. Aber nun gehen Sie, lassen Sie mich allein, ich habe es jetzt noch nцtiger als frьher. Aus den wenigen Minuten, um die Sie gebeten haben, ist nun eine halbe Stunde und mehr geworden.« K. faЯte sie bei der Hand und dann beim Handgelenk: »Sie sind mir aber nicht bцse?« sagte er. Sie streifte seine Hand ab und antwortete: »Nein, nein, ich bin niemals und niemandem bцse.« Er faЯte wieder nach ihrem Handgelenk, sie duldete es jetzt und fьhrte ihn so zur Tьr. Er war fest entschlossen, wegzugehen. Aber vor der Tьr, als hдtte er nicht erwartet, hier eine Tьr zu finden, stockte er, diesen Augenblick benьtzte Frдulein Bьrstner, sich loszumachen, die Tьr zu цffnen, ins Vorzimmer zu schlьpfen und von dort aus K. leise zu sagen: »Nun kommen Sie doch, bitte. Sehen Sie« – sie zeigte auf die Tьr des Hauptmanns, unter der ein Lichtschein hervorkam – »er hat angezьndet und unterhдlt sich ьber uns.« »Ich komme schon«, sagte K., lief vor, faЯte sie, kьЯte sie auf den Mund und dann ьber das ganze Gesicht, wie ein durstiges Tier mit der Zunge ьber das endlich gefundene Quellwasser hinjagt. SchlieЯlich kьЯte er sie auf den Hals, wo die Gurgel ist, und dort lieЯ er die Lippen lange liegen. Ein Gerдusch aus dem Zimmer des Hauptmanns lieЯ ihn aufschauen. »Jetzt werde ich gehen«, sagte er, er wollte Frдulein Bьrstner beim Taufnamen nennen, wuЯte ihn aber nicht. Sie nickte mьde, ьberlieЯ ihm, schon halb abgewendet, die Hand zum Kьssen, als wisse sie nichts davon, und ging gebьckt in ihr Zimmer.
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