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А  Б  В  Г  Д  Е  Ж  З  И  Й  К  Л  М  Н  О  П  Р  С  Т  У  Ф  Х  Ц  Ч  Ш  Щ  Э  Ю  Я  AZ

 

« »Es ist so, glauben Sie es doch«, sagte Franz, fьhrte die Kaffeetasse, die er in der Hand hielt, nicht zum Mund, sondern sah K. mit einem langen, wahrscheinlich bedeutungsvollen, aber unverstдndlichen Blick an. K. lieЯ sich, ohne es zu wollen, in ein Zwiegesprдch der Blicke mit Franz ein, schlug dann aber doch auf seine Papiere und sagte: »Hier sind meine Legitimationspapiere.« »Was kьmmern uns denn die?« rief nun schon der groЯe Wдchter. »Sie fьhren sich дrger auf als ein Kind. Was wollen Sie denn? Wollen Sie Ihren groЯen, verfluchten ProzeЯ dadurch zu einem raschen Ende bringen, daЯ Sie mit uns, den Wдchtern, ьber Legitimation und Verhaftbefehl diskutieren? Wir sind niedrige Angestellte, die sich in einem Legitimationspapier kaum auskennen und die mit Ihrer Sache nichts anderes zu tun haben, als daЯ sie zehn Stunden tдglich bei Ihnen Wache halten und dafьr bezahlt werden. Das ist alles, was wir sind, trotzdem aber sind wir fдhig, einzusehen, daЯ die hohen Behцrden, in deren Dienst wir stehen, ehe sie eine solche Verhaftung verfьgen, sich sehr genau ьber die Grьnde der Verhaftung und die Person des Verhafteten unterrichten. Es gibt darin keinen Irrtum. Unsere Behцrde, soweit ich sie kenne, und ich kenne nur die niedrigsten Grade, sucht doch nicht etwa die Schuld in der Bevцlkerung, sondern wird, wie es im Gesetz heiЯt, von der Schuld angezogen und muЯ uns Wдchter ausschicken. Das ist Gesetz. Wo gдbe es da einen Irrtum?« »Dieses Gesetz kenne ich nicht«, sagte K. »Desto schlimmer fьr Sie«, sagte der Wдchter. »Es besteht wohl auch nur in Ihren Kцpfen«, sagte K., er wollte sich irgendwie in die Gedanken der Wдchter einschleichen, sie zu seinen Gunsten wenden oder sich dort einbьrgern. Aber der Wдchter sagte nur abweisend: »Sie werden es zu fьhlen bekommen.« Franz mischte sich ein und sagte: »Sieh, Willem, er gibt zu, er kenne das Gesetz nicht, und behauptet gleichzeitig, schuldlos zu sein.« »Du hast ganz recht, aber ihm kann man nichts begreiflich machen«, sagte der andere. K. antwortete nichts mehr; muЯ ich, dachte er, durch das Geschwдtz dieser niedrigsten Organe – sie geben selbst zu, es zu sein – mich noch mehr verwirren lassen? Sie reden doch jedenfalls von Dingen, die sie gar nicht verstehen. Ihre Sicherheit ist nur durch ihre Dummheit mцglich. Ein paar Worte, die ich mit einem mir ebenbьrtigen Menschen sprechen werde, werden alles unvergleichlich klarer machen als die lдngsten Reden mit diesen. Er ging einige Male in dem freien Raum des Zimmers auf und ab, drьben sah er die alte Frau, die einen noch viel дlteren Greis zum Fenster gezerrt hatte, den sie umschlungen hielt. K. muЯte dieser Schaustellung ein Ende machen: »Fьhren Sie mich zu Ihrem Vorgesetzten«, sagte er. »Wenn er es wьnscht; nicht frьher«, sagte der Wдchter, der Willem genannt worden war. »Und nun rate ich Ihnen«, fьgte er hinzu, »in Ihr Zimmer zu gehen, sich ruhig zu verhalten und darauf zu warten, was ьber Sie verfьgt werden wird. Wir raten Ihnen, zerstreuen Sie sich nicht durch nutzlose Gedanken, sondern sammeln Sie sich, es werden groЯe Anforderungen an Sie gestellt werden. Sie haben uns nicht so behandelt, wie es unser Entgegenkommen verdient hдtte, Sie haben vergessen, daЯ wir, mцgen wir auch sein was immer, zumindest jetzt Ihnen gegenьber freie Mдnner sind, das ist kein kleines Ьbergewicht. Trotzdem sind wir bereit, falls Sie Geld haben, Ihnen ein kleines Frьhstьck aus dem Kaffeehaus drьben zu bringen.«
Ohne auf dieses Angebot zu antworten, stand K. ein Weilchen lang still. Vielleicht wьrden ihn die beiden, wenn er die Tьr des folgenden Zimmers oder gar die Tьr des Vorzimmers цffnete, gar nicht zu hindern wagen, vielleicht wдre es die einfachste Lцsung des Ganzen, daЯ er es auf die Spitze trieb. Aber vielleicht wьrden sie ihn doch packen und, war er einmal niedergeworfen, so war auch alle Ьberlegenheit verloren, die er jetzt ihnen gegenьber in gewisser Hinsicht doch wahrte. Deshalb zog er die Sicherheit der Lцsung vor, wie sie der natьrliche Verlauf bringen muЯte, und ging in sein Zimmer zurьck, ohne daЯ von seiner Seite oder von Seite der Wдchter ein weiteres Wort gefallen wдre.
Er warf sich auf sein Bett und nahm vom Waschtisch einen schцnen Apfel, den er sich gestern abend fьr das Frьhstьck vorbereitet hatte. Jetzt war er sein einziges Frьhstьck und jedenfalls, wie er sich beim ersten groЯen Bissen versicherte, viel besser, als das Frьhstьck aus dem schmutzigen Nachtcafй gewesen wдre, das er durch die Gnade der Wдchter hдtte bekommen kцnnen. Er fьhlte sich wohl und zuversichtlich, in der Bank versдumte er zwar heute vormittag seinen Dienst, aber das war bei der verhдltnismдЯig hohen Stellung, die er dort einnahm, leicht entschuldigt. Sollte er die wirkliche Entschuldigung anfьhren? Er gedachte es zu tun. Wьrde man ihm nicht glauben, was in diesem Fall begreiflich war, so konnte er Frau Grubach als Zeugin fьhren oder auch die beiden Alten von drьben, die wohl jetzt auf dem Marsch zum gegenьberliegenden Fenster waren. Es wunderte K., wenigstens aus dem Gedankengang der Wдchter wunderte es ihn, daЯ sie ihn in das Zimmer getrieben und ihn hier allein gelassen hatten, wo er doch zehnfache Mцglichkeit hatte, sich umzubringen. Gleichzeitig allerdings fragte er sich, diesmal aus seinem Gedankengang, was fьr einen Grund er haben kцnnte, es zu tun. Etwa weil die zwei nebenan saЯen und sein Frьhstьck abgefangen hatten? Es wдre so sinnlos gewesen, sich umzubringen, daЯ er, selbst wenn er es hдtte tun wollen, infolge der Sinnlosigkeit dazu nicht imstande gewesen wдre. Wдre die geistige Beschrдnktheit der Wдchter nicht so auffallend gewesen, so hдtte man annehmen kцnnen, daЯ auch sie, infolge der gleichen Ьberzeugung, keine Gefahr darin gesehen hдtten, ihn allein zu lassen. Sie mochten jetzt, wenn sie wollten, zusehen, wie er zu einem Wandschrдnkchen ging, in dem er einen guten Schnaps aufbewahrte, wie er ein Glдschen zuerst zum Ersatz des Frьhstьcks leerte und wie er ein zweites Glдschen dazu bestimmte, sich Mut zu machen, das letztere nur aus Vorsicht fьr den unwahrscheinlichen Fall, daЯ es nцtig sein sollte.
Da erschreckte ihn ein Zuruf aus dem Nebenzimmer derartig, daЯ er mit den Zдhnen ans Glas schlug. »Der Aufseher ruft Sie!« hieЯ es. Es war nur das Schreien, das ihn erschreckte, dieses kurze, abgehackte, militдrische Schreien, das er dem Wдchter Franz gar nicht zugetraut hдtte. Der Befehl selbst war ihm sehr willkommen. »Endlich!« rief er zurьck, versperrte den Wandschrank und eilte sofort ins Nebenzimmer. Dort standen die zwei Wдchter und jagten ihn, als wдre das selbstverstдndlich, wieder in sein Zimmer zurьck. »Was fдllt Euch ein?« riefen sie. »Im Hemd wollt Ihr vor den Aufseher? Er lдЯt Euch durchprьgeln und uns mit!« »LaЯt mich, zum Teufel!« rief K., der schon bis zu seinem Kleiderkasten zurьckgedrдngt war, »wenn man mich im Bett ьberfдllt, kann man nicht erwarten, mich im Festanzug zu finden.« »Es hilft nichts«, sagten die Wдchter, die immer, wenn K. schrie, ganz ruhig, ja fast traurig wurden und ihn dadurch verwirrten oder gewissermaЯen zur Besinnung brachten. »Lдcherliche Zeremonien!« brummte er noch, hob aber schon einen Rock vom Stuhl und hielt ihn ein Weilchen mit beiden Hдnden, als unterbreite er ihn dem Urteil der Wдchter. Sie schьttelten die Kцpfe. »Es muЯ ein schwarzer Rock sein«, sagten sie. K. warf daraufhin den Rock zu Boden und sagte – er wuЯte selbst nicht, in welchem Sinne er es sagte –: »Es ist doch noch nicht die Hauptverhandlung.« Die Wдchter lдchelten, blieben aber bei ihrem: »Es muЯ ein schwarzer Rock sein.« »Wenn ich dadurch die Sache beschleunige, soll es mir recht sein«, sagte K., цffnete den Kleiderkasten, suchte lange unter den vielen Kleidern, wдhlte sein bestes schwarzes Kleid, ein Jackettkleid, das durch seine Taille unter den Bekannten fast Aufsehen gemacht hatte, zog nun auch ein anderes Hemd hervor und begann, sich sorgfдltig anzuziehen. Im geheimen glaubte er, eine Beschleunigung des Ganzen damit erreicht zu haben, daЯ die Wдchter vergessen hatten, ihn zum Bad zu zwingen. Er beobachtete sie, ob sie sich vielleicht daran doch erinnern wьrden, aber das fiel ihnen natьrlich gar nicht ein, dagegen vergaЯ Willem nicht, Franz mit der Meldung, daЯ sich K. anziehe, zum Aufseher zu schicken.
Als er vollstдndig angezogen war, muЯte er knapp vor Willem durch das leere Nebenzimmer in das folgende Zimmer gehen, dessen Tьr mit beiden Flьgeln bereits geцffnet war. Dieses Zimmer wurde, wie K. genau wuЯte, seit kurzer Zeit von einem Frдulein Bьrstner, einer Schreibmaschinistin, bewohnt, die sehr frьh in die Arbeit zu gehen pflegte, spдt nach Hause kam und mit der K. nicht viel mehr als die GruЯworte gewechselt hatte. Jetzt war das Nachttischchen von ihrem Bett als Verhandlungstisch in die Mitte des Zimmers gerьckt, und der Aufseher saЯ hinter ihm. Er hatte die Beine ьbereinandergeschlagen und einen Arm auf die Rьckenlehne des Stuhles gelegt.
In einer Ecke des Zimmers standen drei junge Leute und sahen die Photographien des Frдulein Bьrstner an, die in einer an der Wand aufgehдngten Matte steckten. An der Klinke des offenen Fensters hing eine weiЯe Bluse. Im gegenьberliegenden Fenster lagen wieder die zwei Alten, doch hatte sich ihre Gesellschaft vergrцЯert, denn hinter ihnen, sie weit ьberragend, stand ein Mann mit einem auf der Brust offenen Hemd, der seinen rцtlichen Spitzbart mit den Fingern drьckte und drehte. »Josef K.?« fragte der Aufseher, vielleicht nur um K.s zerstreute Blicke auf sich zu lenken. K. nickte. »Sie sind durch die Vorgдnge des heutigen Morgens wohl sehr ьberrascht?« fragte der Aufseher und verschob dabei mit beiden Hдnden die wenigen Gegenstдnde, die auf dem Nachttischchen lagen, die Kerze mit Zьndhцlzchen, ein Buch und ein Nadelkissen, als seien es Gegenstдnde, die er zur Verhandlung benцtige.
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