ТОП авторов и книг     ИСКАТЬ КНИГУ В БИБЛИОТЕКЕ

А  Б  В  Г  Д  Е  Ж  З  И  Й  К  Л  М  Н  О  П  Р  С  Т  У  Ф  Х  Ц  Ч  Ш  Щ  Э  Ю  Я  AZ

 

s Eingabe zu studieren. Von diesen Anstrengungen dьrfte man nicht ablassen, alles mьЯte organisiert und ьberwacht werden, das Gericht sollte einmal auf einen Angeklagten stoЯen, der sein Recht zu wahren verstand.
Wenn sich aber auch K. dies alles durchzufьhren getraute, die Schwierigkeit der Abfassung der Eingabe war ьberwдltigend.
Frьher, etwa noch vor einer Woche, hatte er nur mit einem Gefьhl der Scham daran denken kцnnen, daЯ er einmal genцtigt sein kцnnte, eine solche Eingabe selbst zu machen; daЯ dies auch schwierig sein konnte, daran hatte er gar nicht gedacht. Er erinnerte sich, wie er einmal an einem Vormittag, als er gerade mit Arbeit ьberhдuft war, plцtzlich alles zur Seite geschoben und den Schreibblock vorgenommen hatte, um versuchsweise den Gedankengang einer derartigen Eingabe zu entwerfen und ihn vielleicht dem schwerfдlligen Advokaten zur Verfьgung zu stellen, und wie gerade in diesem Augenblick die Tьr des Direktionszimmers sich цffnete und der Direktor-Stellvertreter mit groЯem Gelдchter eintrat. Es war fьr K. damals sehr peinlich gewesen, obwohl der Direktor-Stellvertreter natьrlich nicht ьber die Eingabe gelacht hatte, von der er nichts wuЯte, sondern ьber einen Bцrsenwitz, den er eben gehцrt hatte, einen Witz, der zum Verstдndnis eine Zeichnung erforderte, die nun der Direktor-Stellvertreter, ьber K.s Tisch gebeugt, mit K.s Bleistift, den er ihm aus der Hand nahm, auf dem Schreibblock ausfьhrte, der fьr die Eingabe bestimmt gewesen war.
Heute wuЯte K. nichts mehr von Scham, die Eingabe muЯte gemacht werden. Wenn er im Bьro keine Zeit fьr sie fand, was sehr wahrscheinlich war, dann muЯte er sie zu Hause in den Nдchten machen. Wьrden auch die Nдchte nicht genьgen, dann muЯte er einen Urlaub nehmen. Nur nicht auf halbem Wege stehenbleiben, das war nicht nur in Geschдften, sondern immer und ьberall das Unsinnigste. Die Eingabe bedeutete freilich eine fast endlose Arbeit. Man muЯte keinen sehr дngstlichen Charakter haben und konnte doch leicht zu dem Glauben kommen, daЯ es unmцglich war, die Eingabe jemals fertigzustellen. Nicht aus Faulheit oder Hinterlist, die den Advokaten allein an der Fertigstellung hindern konnten, sondern weil in Unkenntnis der vorhandenen Anklage und gar ihrer mцglichen Erweiterungen das ganze Leben in den kleinsten Handlungen und Ereignissen in die Erinnerung zurьckgebracht, dargestellt und von allen Seiten ьberprьft werden muЯte. Und wie traurig war eine solche Arbeit ьberdies. Sie war vielleicht geeignet, einmal nach der Pensionierung den kindisch gewordenen Geist zu beschдftigen und ihm zu helfen, die langen Tage hinzubringen. Aber jetzt, wo K. alle Gedanken zu seiner Arbeit brauchte, wo jede Stunde, da er noch im Aufstieg war und schon fьr den Direktor-Stellvertreter eine Drohung bedeutete, mit grцЯter Schnelligkeit verging und wo er die kurzen Abende und Nдchte als junger Mensch genieЯen wollte, jetzt sollte er mit der Verfassung dieser Eingabe beginnen. Wieder ging sein Denken in Klagen aus. Fast unwillkьrlich, nur um dem ein Ende zu machen, tastete er mit dem Finger nach dem Knopf der elektrischen Glocke, die ins Vorzimmer fьhrte. Wдhrend er ihn niederdrьckte, blickte er zur Uhr auf. Es war elf Uhr, zwei Stunden, eine lange, kostbare Zeit, hatte er vertrдumt und war natьrlich noch matter als vorher. Immerhin war die Zeit nicht verloren, er hatte Entschlьsse gefaЯt, die wertvoll sein konnten. Die Diener brachten auЯer verschiedener Post zwei Visitenkarten von Herren, die schon lдngere Zeit auf K. warteten. Es waren gerade sehr wichtige Kundschaften der Bank, die man eigentlich auf keinen Fall hдtte warten lassen sollen. Warum kamen sie zu so ungelegener Zeit, und warum, so schienen wieder die Herren hinter der geschlossenen Tьr zu fragen, verwendete der fleiЯige K. fьr Privatangelegenheiten die beste Geschдftszeit? Mьde von dem Vorhergegangenen und mьde das Folgende erwartend, stand K. auf, um den ersten zu empfangen.
Es war ein kleiner, munterer Herr, ein Fabrikant, den K. gut kannte. Er bedauerte, K. in wichtiger Arbeit gestцrt zu haben, und K. bedauerte seinerseits, daЯ er den Fabrikanten so lange hatte warten lassen. Schon dieses Bedauern aber sprach er in derartig mechanischer Weise und mit fast falscher Betonung aus, daЯ der Fabrikant, wenn er nicht ganz von der Geschдftssache eingenommen gewesen wдre, es hдtte bemerken mьssen. Statt dessen zog er eilig Rechnungen und Tabellen aus allen Taschen, breitete sie vor K. aus, erklдrte verschiedene Posten, verbesserte einen kleinen Rechenfehler, der ihm sogar bei diesem flьchtigen Ьberblick aufgefallen war, erinnerte K. an ein дhnliches Geschдft, das er mit ihm vor etwa einem Jahr abgeschlossen hatte, erwдhnte nebenbei, daЯ sich diesmal eine andere Bank unter grцЯten Opfern um das Geschдft bewerbe, und verstummte schlieЯlich, um nun K.s Meinung zu erfahren. K. hatte auch tatsдchlich im Anfang die Rede des Fabrikanten gut verfolgt, der Gedanke an das wichtige Geschдft hatte dann auch ihn ergriffen, nur leider nicht fьr die Dauer, er war bald vom Zuhцren abgekommen, hatte dann noch ein Weilchen zu den lauteren Ausrufen des Fabrikanten mit dem Kopf genickt, hatte aber schlieЯlich auch das unterlassen und sich darauf eingeschrдnkt, den kahlen, auf die Papiere hinabgebeugten Kopf anzusehen und sich zu fragen, wann der Fabrikant endlich erkennen werde, daЯ seine ganze Rede nutzlos sei. Als er nun verstummte, glaubte K. zuerst wirklich, es geschehe dies deshalb, um ihm Gelegenheit zu dem Eingestдndnis zu geben, daЯ er nicht fдhig sei, zuzuhцren. Nur mit Bedauern merkte er aber an dem gespannten Blick des offenbar auf alle Entgegnungen gefaЯten Fabrikanten, daЯ die geschдftliche Besprechung fortgesetzt werden mьsse. Er neigte also den Kopf wie vor einem Befehl und begann mit dem Bleistift langsam ьber den Papieren hin– und herzufahren, hier und da hielt er inne und starrte eine Ziffer an. Der Fabrikant vermutete Einwдnde, vielleicht waren die Ziffern wirklich nicht feststehend, vielleicht waren sie nicht das Entscheidende, jedenfalls bedeckte der Fabrikant die Papiere mit der Hand und begann von neuem, ganz nahe an K. heranrьckend, eine allgemeine Darstellung des Geschдftes. »Es ist schwierig«, sagte K., rьmpfte die Lippen und sank, da die Papiere, das einzig FaЯbare, verdeckt waren, haltlos gegen die Seitenlehne. Er blickte sogar nur schwach auf, als sich die Tьr des Direktionszimmers цffnete und dort, nicht ganz deutlich, etwa wie hinter einem Gazeschleier, der Direktor-Stellvertreter erschien. K. dachte nicht weiter darьber nach, sondern verfolgte nur die unmittelbare Wirkung, die fьr ihn sehr erfreulich war. Denn sofort hьpfte der Fabrikant vom Sessel auf und eilte dem Direktor-Stellvertreter entgegen, K. aber hдtte ihn noch zehnmal flinker machen wollen, denn er fьrchtete, der Direktor-Stellvertreter kцnnte wieder verschwinden. Es war unnьtze Furcht, die Herren trafen einander, reichten einander die Hдnde und gingen gemeinsam auf K.s Schreibtisch zu. Der Fabrikant beklagte sich, daЯ er beim Prokuristen so wenig Neigung fьr das Geschдft gefunden habe, und zeigte auf K., der sich unter dem Blick des Direktor-Stellvertreters wieder ьber die Papiere beugte. Als dann die beiden sich an den Schreibtisch lehnten und der Fabrikant sich daran machte, nun den Direktor-Stellvertreter fьr sich zu erobern, war es K., als werde ьber seinem Kopf von zwei Mдnnern, deren GrцЯe er sich ьbertrieben vorstellte, ьber ihn selbst verhandelt. Langsam suchte er mit vorsichtig aufwдrts gedrehten Augen zu erfahren, was sich oben ereignete, nahm vom Schreibtisch, ohne hinzusehen, eines der Papiere, legte es auf die flache Hand und hob es allmдhlich, wдhrend er selbst aufstand, zu den Herren hinauf. Er dachte hierbei an nichts Bestimmtes, sondern handelte nur in dem Gefьhl, daЯ er sich so verhalten mьЯte, wenn er einmal die groЯe Eingabe fertiggestellt hдtte, die ihn gдnzlich entlasten sollte. Der Direktor-Stellvertreter, der sich an dem Gesprдch mit aller Aufmerksamkeit beteiligte, sah nur flьchtig auf das Papier, ьberlas gar nicht, was dort stand, denn was dem Prokuristen wichtig war, war ihm unwichtig, nahm es aus K.s Hand, sagte: »Danke, ich weiЯ schon alles« und legte es ruhig wieder auf den Tisch zurьck. K. sah ihn verbittert von der Seite an. Der Direktor-Stellvertreter aber merkte es gar nicht oder wurde, wenn er es merkte, dadurch nur aufgemuntert, lachte цfters laut auf, brachte einmal durch eine schlagfertige Entgegnung den Fabrikanten in deutliche Verlegenheit, aus der er ihn aber sofort riЯ, indem er sich selbst einen Einwand machte, und lud ihn schlieЯlich ein, in sein Bьro hinьberzukommen, wo sie die Angelegenheit zu Ende fьhren kцnnten. »Es ist eine sehr wichtige Sache«, sagte er zu dem Fabrikanten, »ich sehe das vollstдndig ein. Und dem Herrn Prokuristen« – selbst bei dieser Bemerkung redete er eigentlich nur zum Fabrikanten – »wird es gewiЯ lieb sein, wenn wir es ihm abnehmen. Die Sache verlangt ruhige Ьberlegung. Er aber scheint heute sehr ьberlastet zu sein, auch warten ja einige Leute im Vorzimmer schon stundenlang auf ihn.« K. hatte gerade noch genьgend Fassung, sich vom Direktor-Stellvertreter wegzudrehen und sein freundliches, aber starres Lдcheln nur dem Fabrikanten zuzuwenden, sonst griff er gar nicht ein, stьtzte sich, ein wenig vorgebeugt, mit beiden Hдnden auf den Schreibtisch wie ein Kommis hinter dem Pult und sah zu, wie die zwei Herren unter weiteren Reden die Papiere vom Tisch nahmen und im Direktionszimmer verschwanden. In der Tьr drehte sich noch der Fabrikant um, sagte, er verabschiede sich noch nicht, sondern werde natьrlich dem Herrn Prokuristen ьber den Erfolg der Besprechung berichten, auch habe er ihm noch eine andere kleine Mitteilung zu machen.
Endlich war K. allein. Er dachte gar nicht daran, irgendeine andere Partei vorzulassen, und nur undeutlich kam ihm zu BewuЯtsein, wie angenehm es sei, daЯ die Leute drauЯen in dem Glauben waren, er verhandle noch mit dem Fabrikanten und es kцnne aus diesem Grunde niemand, nicht einmal der Diener, bei ihm eintreten.
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46

ТОП авторов и книг     ИСКАТЬ КНИГУ В БИБЛИОТЕКЕ    

Рубрики

Рубрики