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А  Б  В  Г  Д  Е  Ж  З  И  Й  К  Л  М  Н  О  П  Р  С  Т  У  Ф  Х  Ц  Ч  Ш  Щ  Э  Ю  Я  AZ

 

Nun aber zieh fьrs erste deinen Mantel aus!« Sie half ihm, sich auszuziehen, nahm ihm den Hut ab, lief mit den Sachen ins Vorzimmer, sie anzuhдngen, lief dann wieder zurьck und sah nach der Suppe. »Soll ich zuerst dich anmelden oder ihm zuerst die Suppe bringen?« »Melde mich zuerst an«, sagte K. Er war дrgerlich, er hatte ursprьnglich beabsichtigt, mit Leni seine Angelegenheit, insbesondere die fragliche Kьndigung genau zu besprechen, die Anwesenheit des Kaufmanns hatte ihm aber die Lust dazu genommen. Jetzt aber hielt er seine Sache doch fьr zu wichtig, als daЯ dieser kleine Kaufmann vielleicht entscheidend eingreifen sollte, und so rief er Leni, die schon auf dem Gang war, wieder zurьck. »Bring ihm doch zuerst die Suppe«, sagte er, »er soll sich fьr die Unterredung mit mir stдrken, er wird es nцtig haben.« »Sie sind auch ein Klient des Advokaten«, sagte, wie zur Feststellung, der Kaufmann leise aus seiner Ecke. Es wurde aber nicht gut aufgenommen. »Was kьmmert Sie denn das?« sagte K., und Leni sagte: »Wirst du still sein. – Dann bringe ich ihm also zuerst die Suppe«, sagte Leni zu K. und goЯ die Suppe auf einen Teller. »Es ist dann nur zu befьrchten, daЯ er bald einschlдft, nach dem Essen schlдft er bald ein.« »Das, was ich ihm sagen werde, wird ihn wacherhalten«, sagte K., er wollte immerfort durchblicken lassen, daЯ er etwas Wichtiges mit dem Advokaten zu verhandeln beabsichtige, er wollte von Leni gefragt werden, was es sei, und dann erst sie um Rat fragen. Aber sie erfьllte pьnktlich bloЯ die ausgesprochenen Befehle. Als sie mit der Tasse an ihm vorьberging, stieЯ sie absichtlich sanft an ihn und flьsterte: »Wenn er die Suppe gegessen hat, melde ich dich gleich an, damit ich dich mцglichst bald wiederbekomme.« »Geh nur«, sagte K., »geh nur.« »Sei doch freundlicher«, sagte sie und drehte sich in der Tьr mit der Tasse nochmals ganz um.
K. sah ihr nach; nun war es endgьltig beschlossen, daЯ der Advokat entlassen wьrde, es war wohl auch besser, daЯ er vorher mit Leni nicht mehr darьber sprechen konnte; sie hatte kaum den genьgenden Ьberblick ьber das Ganze, hдtte gewiЯ abgeraten, hдtte mцglicherweise K. auch wirklich von der Kьndigung diesmal abgehalten, er wдre weiterhin in Zweifel und Unruhe geblieben, und schlieЯlich hдtte er nach einiger Zeit seinen EntschluЯ doch ausgefьhrt, denn dieser EntschluЯ war allzu zwingend. Je frьher er aber ausgefьhrt wurde, desto mehr Schaden wurde abgehalten. Vielleicht wuЯte ьbrigens der Kaufmann etwas darьber zu sagen. K. wandte sich um, kaum bemerkte das der Kaufmann, als er sofort aufstehen wollte. »Bleiben Sie sitzen«, sagte K. und zog einen Sessel neben ihn. »Sind Sie schon ein alter Klient des Advokaten?« fragte K. »Ja«, sagte der Kaufmann, »ein sehr alter Klient.« »Wieviel Jahre vertritt er Sie denn schon?« fragte K. »Ich weiЯ nicht, wie Sie es meinen«, sagte der Kaufmann, »in geschдftlichen Rechtsangelegenheiten – ich habe ein Getreidegeschдft – vertritt mich der Advokat schon, seit ich das Geschдft ьbernommen habe, also etwa seit zwanzig Jahren, in meinem eigenen ProzeЯ, auf den Sie wahrscheinlich anspielen, vertritt er mich auch seit Beginn, es ist schon lдnger als fьnf Jahre. Ja, weit ьber fьnf Jahre«, fьgte er dann hinzu und zog eine alte Brieftasche hervor, »hier habe ich alles aufgeschrieben; wenn Sie wollen, sage ich Ihnen die genauen Daten. Es ist schwer, alles zu behalten. Mein ProzeЯ dauert wahrscheinlich schon viel lдnger, er begann kurz nach dem Tod meiner Frau, und das ist schon lдnger als fьnfeinhalb Jahre.« K. rьckte nдher zu ihm. »Der Advokat ьbernimmt also auch gewцhnliche Rechtssachen?« fragte er. Diese Verbindung der Gerichte und Rechtswissenschaften schien K. ungemein beruhigend. »GewiЯ«, sagte der Kaufmann und flьsterte dann K. zu: »Man sagt sogar, daЯ er in diesen Rechtssachen tьchtiger ist als in den anderen.« Aber dann schien er das Gesagte zu bereuen, er legte K. eine Hand auf die Schulter und sagte: »Ich bitte Sie sehr, verraten Sie mich nicht.« K. klopfte ihm zur Beruhigung auf den Schenkel und sagte: »Nein, ich bin kein Verrдter.« »Er ist nдmlich rachsьchtig«, sagte der Kaufmann. »Gegen einen so treuen Klienten wird er gewiЯ nichts tun«, sagte K. »O doch«, sagte der Kaufmann, »wenn er aufgeregt ist, kennt er keine Unterschiede, ьbrigens bin ich ihm nicht eigentlich treu.« »Wieso denn nicht?« fragte K. »Soll ich es Ihnen anvertrauen?« fragte der Kaufmann zweifelnd. »Ich denke, Sie dьrfen es«, sagte K. »Nun«, sagte der Kaufmann, »ich werde es Ihnen zum Teil anvertrauen, Sie mьssen mir aber auch ein Geheimnis sagen, damit wir uns gegenьber dem Advokaten gegenseitig festhalten.« »Sie sind sehr vorsichtig«, sagte K., »aber ich werde Ihnen ein Geheimnis sagen, das Sie vollstдndig beruhigen wird. Worin besteht also Ihre Untreue gegenьber dem Advokaten?« »Ich habe«, sagte der Kaufmann zцgernd und in einem Ton, als gestehe er etwas Unehrenhaftes ein, »ich habe auЯer ihm noch andere Advokaten.« »Das ist doch nichts so Schlimmes«, sagte K., ein wenig enttдuscht. »Hier ja«, sagte der Kaufmann, der noch seit seinem Gestдndnis schwer atmete, infolge K.s Bemerkung aber mehr Vertrauen faЯte. »Es ist nicht erlaubt. Und am allerwenigsten ist es erlaubt, neben einem sogenannten Advokaten auch noch Winkeladvokaten zu nehmen. Und gerade das habe ich getan, ich habe auЯer ihm noch fьnf Winkeladvokaten.« »Fьnf!« rief K., erst die Zahl setzte ihn in Erstaunen, »fьnf Advokaten auЯer diesem?« Der Kaufmann nickte: »Ich verhandle gerade noch mit einem sechsten.« »Aber wozu brauchen Sie denn soviel Advokaten?« fragte K. »Ich brauche alle«, sagte der Kaufmann. »Wollen Sie mir das nicht erklдren?« fragte K. »Gern«, sagte der Kaufmann. »Vor allem will ich doch meinen ProzeЯ nicht verlieren, das ist doch selbstverstдndlich. Infolgedessen darf ich nichts, was mir nьtzen kцnnte, auЯer acht lassen; selbst wenn die Hoffnung auf Nutzen in einem bestimmten Falle nur ganz gering ist, darf ich sie auch nicht verwerfen. Ich habe deshalb alles, was ich besitze, auf den ProzeЯ verwendet. So habe ich zum Beispiel alles Geld meinem Geschдft entzogen, frьher fьllten die Bьrorдume meines Geschдfts fast ein Stockwerk, heute genьgt eine kleine Kammer im Hinterhaus, wo ich mit einem Lehrjungen arbeite. Diesen Rьckgang hat natьrlich nicht nur die Entziehung des Geldes verschuldet, sondern mehr noch die Entziehung meiner Arbeitskraft. Wenn man fьr seinen ProzeЯ etwas tun will, kann man sich mit anderem nur wenig befassen.« »Sie arbeiten also auch selbst bei Gericht?« fragte K. »Gerade darьber mцchte ich gern etwas erfahren.« »Darьber kann ich nur wenig berichten«, sagte der Kaufmann, »anfangs habe ich es wohl auch versucht, aber ich habe bald wieder davon abgelassen. Es ist zu erschцpfend und bringt nicht viel Erfolg. Selbst dort zu arbeiten und zu unterhandeln, hat sich wenigstens fьr mich als ganz unmцglich erwiesen. Es ist ja dort schon das bloЯe Sitzen und Warten eine groЯe Anstrengung. Sie kennen ja selbst die schwere Luft in den Kanzleien.« »Wieso wissen Sie denn, daЯ ich dort war?« fragte K. »Ich war gerade im Wartezimmer, als Sie durchgingen.« »Was fьr ein Zufall das ist!« rief K., ganz hingenommen und die frьhere Lдcherlichkeit des Kaufmanns ganz vergessend. »Sie haben mich also gesehen! Sie waren im Wartezimmer, als ich durchging. Ja, ich bin dort einmal durchgegangen.« »Es ist kein so groЯer Zufall«, sagte der Kaufmann, »ich bin dort fast jeden Tag.« »Ich werde nun wahrscheinlich auch цfters hingehen mьssen«, sagte K., »nur werde ich wohl kaum mehr so ehrenvoll aufgenommen werden wie damals. Alle standen auf. Man dachte wohl, ich sei ein Richter.« »Nein«, sagte der Kaufmann, »wir grьЯten damals den Gerichtsdiener. DaЯ Sie ein Angeklagter sind, das wuЯten wir. Solche Nachrichten verbreiten sich sehr rasch.« »Das wuЯten Sie also schon«, sagte K., »dann erschien Ihnen aber mein Benehmen vielleicht hochmьtig. Sprach man sich nicht darьber aus?« »Nein«, sagte der Kaufmann, »im Gegenteil. Aber das sind Dummheiten.« »Was fьr Dummheiten denn?« fragte K. »Warum fragen Sie danach?« sagte der Kaufmann дrgerlich. »Sie scheinen die Leute dort noch nicht zu kennen und werden es vielleicht unrichtig auffassen. Sie mьssen bedenken, daЯ in diesem Verfahren immer wieder viele Dinge zur Sprache kommen, fьr die der Verstand nicht mehr ausreicht, man ist einfach zu mьde und abgelenkt fьr vieles, und zum Ersatz verlegt man sich auf den Aberglauben. Ich rede von den anderen, bin aber selbst gar nicht besser. Ein solcher Aberglaube ist es zum Beispiel, daЯ viele aus dem Gesicht des Angeklagten, insbesondere aus der Zeichnung der Lippen, den Ausgang des Prozesses erkennen wollen. Diese Leute also haben behauptet, Sie wьrden, nach Ihren Lippen zu schlieЯen, gewiЯ und bald verurteilt werden. Ich wiederhole, es ist ein lдcherlicher Aberglaube und in den meisten Fдllen durch die Tatsachen auch vollstдndig widerlegt, aber wenn man in jener Gesellschaft lebt, ist es schwer, sich solchen Meinungen zu entziehen. Denken Sie nur, wie stark dieser Aberglaube wirken kann. Sie haben doch einen dort angesprochen, nicht? Er konnte Ihnen aber kaum antworten. Es gibt natьrlich viele Grьnde, um dort verwirrt zu sein, aber einer davon war auch der Anblick Ihrer Lippen. Er hat spдter erzдhlt, er hдtte auf Ihren Lippen auch das Zeichen seiner eigenen Verurteilung zu sehen geglaubt.« »Meine Lippen?« fragte K., zog einen Taschenspiegel hervor und sah sich an. »Ich kann an meinen Lippen nichts Besonderes erkennen. Und Sie?« »Ich auch nicht«, sagte der Kaufmann, »ganz und gar nicht.« »Wie aberglдubisch diese Leute sind!« rief K. aus. »Sagte ich es nicht?« fragte der Kaufmann. »Verkehren sie denn soviel untereinander und tauschen sie ihre Meinungen aus?
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