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»Es war ja beleidigend.« »Ich glaube, er wьrde noch дrgere Beleidigungen verzeihen, wenn ich ihn schlieЯlich hinausfьhre.« K. sagte nichts, sah nicht einmal auf, er duldete es, daЯ die zwei ьber ihn wie ьber eine Sache verhandelten, es war ihm sogar am liebsten. Aber plцtzlich fьhlte er die Hand des Auskunftgebers an einem Arm und die Hand des Mдdchens am anderen. »Also auf, Sie schwacher Mann«, sagte der Auskunftgeber. »Ich danke Ihnen beiden vielmals«, sagte K., freudig ьberrascht, erhob sich langsam und fьhrte selbst die fremden Hдnde an die Stellen, an denen er die Stьtze am meisten brauchte. »Es sieht so aus«, sagte das Mдdchen leise in K.s Ohr, wдhrend sie sich dem Gang nдherten, »als ob mir besonders viel daran gelegen wдre, den Auskunftgeber in ein gutes Licht zu stellen, aber man mag es glauben, ich will doch die Wahrheit sagen. Er hat kein hartes Herz. Er ist nicht verpflichtet, kranke Parteien hinauszufьhren, und tut es doch, wie Sie sehen. Vielleicht ist niemand von uns hartherzig, wir wollten vielleicht alle gern helfen, aber als Gerichtsbeamte bekommen wir leicht den Anschein, als ob wir hartherzig wдren und niemandem helfen wollten. Ich leide geradezu darunter.« »Wollen Sie sich nicht hier ein wenig setzen?« fragte der Auskunftgeber, sie waren schon im Gang und gerade vor dem Angeklagten, den K. frьher angesprochen hatte. K. schдmte sich fast vor ihm, frьher war er so aufrecht vor ihm gestanden, jetzt muЯten ihn zwei stьtzen, seinen Hut balancierte der Auskunftgeber auf den gespreizten Fingern, die Frisur war zerstцrt, die Haare hingen ihm in die schweiЯbedeckte Stirn. Aber der Angeklagte schien nichts davon zu bemerken, demьtig stand er vor dem Auskunftgeber, der ьber ihn hinwegsah, und suchte nur seine Anwesenheit zu entschuldigen. »Ich weiЯ«, sagte er, »daЯ die Erledigung meiner Antrдge heute noch nicht gegeben werden kann. Ich bin aber doch gekommen, ich dachte, ich kцnnte doch hier warten, es ist Sonntag, ich habe ja Zeit und hier stцre ich nicht.« »Sie mьssen das nicht so sehr entschuldigen«, sagte der Auskunftgeber, »Ihre Sorgsamkeit ist ja ganz lobenswert, Sie nehmen hier zwar unnцtigerweise den Platz weg, aber ich will Sie trotzdem, solange es mir nicht lдstig wird, durchaus nicht hindern, den Gang Ihrer Angelegenheit genau zu verfolgen. Wenn man Leute gesehen hat, die ihre Pflicht schдndlich vernachlдssigten, lernt man es, mit Leuten, wie Sie sind, Geduld zu haben. Setzen Sie sich.« »Wie er mit den Parteien zu reden versteht«, flьsterte das Mдdchen. K. nickte, fuhr aber gleich auf, als ihn der Auskunftgeber wieder fragte: »Wollen Sie sich nicht hier niedersetzen?« »Nein«, sagte K., »ich will mich nicht ausruhen.« Er hatte das mit mцglichster Bestimmtheit gesagt, in Wirklichkeit hдtte es ihm sehr wohlgetan, sich niederzusetzen. Er war wie seekrank. Er glaubte auf einem Schiff zu sein, das sich in schwerem Seegang befand. Es war ihm, als stьrze das Wasser gegen die Holzwдnde, als komme aus der Tiefe des Ganges ein Brausen her, wie von ьberschlagendem Wasser, als schaukle der Gang in der Quere und als wьrden die wartenden Parteien zu beiden Seiten gesenkt und gehoben. Desto unbegreiflicher war die Ruhe des Mдdchens und des Mannes, die ihn fьhrten. Er war ihnen ausgeliefert, lieЯen sie ihn los, so muЯte er hinfallen wie ein Brett. Aus ihren kleinen Augen gingen scharfe Blicke hin und her, ihre gleichmдЯigen Schritte fьhlte K., ohne sie mitzumachen, denn er wurde fast von Schritt zu Schritt getragen. Endlich merkte er, daЯ sie zu ihm sprachen, aber er verstand sie nicht, er hцrte nur den Lдrm, der alles erfьllte und durch den hindurch ein unverдnderlicher hoher Ton, wie von einer Sirene, zu klingen schien. »Lauter«, flьsterte er mit gesenktem Kopf und schдmte sich, denn er wuЯte, daЯ sie laut genug, wenn auch fьr ihn unverstдndlich, gesprochen hatten. Da kam endlich, als wдre die Wand vor ihm durchrissen, ein frischer Luftzug ihm entgegen, und er hцrte neben sich sagen: »Zuerst will er weg, dann aber kann man ihm hundertmal sagen, daЯ hier der Ausgang ist, und er rьhrt sich nicht.« K. merkte, daЯ er vor der Ausgangstьr stand, die das Mдdchen geцffnet hatte. Ihm war, als wдren alle seine Krдfte mit einemmal zurьckgekehrt, um einen Vorgeschmack der Freiheit zu gewinnen, trat er gleich auf eine Treppenstufe und verabschiedete sich von dort aus von seinen Begleitern, die sich zu ihm hinabbeugten. »Vielen Dank«, wiederholte er, drьckte beiden wiederholt die Hдnde und lieЯ erst ab, als er zu sehen glaubte, daЯ sie, an die Kanzleiluft gewцhnt, die verhдltnismдЯig frische Luft, die von der Treppe kam, schlecht ertrugen. Sie konnten kaum antworten, und das Mдdchen wдre vielleicht abgestьrzt, wenn nicht K. дuЯerst schnell die Tьr geschlossen hдtte. K. stand dann noch einen Augenblick still, strich sich mit Hilfe eines Taschenspiegels das Haar zurecht, hob seinen Hut auf, der auf dem nдchsten Treppenabsatz lag – der Auskunftgeber hatte ihn wohl hingeworfen – und lief dann die Treppe hinunter, so frisch und in so langen Sprьngen, daЯ er vor diesem Umschwung fast Angst bekam. Solche Ьberraschungen hatte ihm sein sonst ganz gefestigter Gesundheitszustand noch nie bereitet. Wollte etwa sein Kцrper revolutionieren und ihm einen neuen ProzeЯ bereiten, da er den alten so mьhelos ertrug? Er lehnte den Gedanken nicht ganz ab, bei nдchster Gelegenheit zu einem Arzt zu gehen, jedenfalls aber wollte er – darin konnte er sich selbst beraten – alle kьnftigen Sonntagvormittage besser als diesen verwenden.
Viertes Kapitel Die Freundin des Frдulein Bьrstner
In der nдchsten Zeit war es K. unmцglich, mit Frдulein Bьrstner auch nur wenige Worte zu sprechen. Er versuchte auf die verschiedenste Weise, an sie heranzukommen, sie aber wuЯte es immer zu verhindern. Er kam gleich nach dem Bьro nach Hause, blieb in seinem Zimmer, ohne das Licht anzudrehen, auf dem Kanapee sitzen und beschдftigte sich mit nichts anderem, als das Vorzimmer zu beobachten. Ging etwa das Dienstmдdchen vorbei und schloЯ die Tьr des scheinbar leeren Zimmers, so stand er nach einem Weilchen auf und цffnete sie wieder. Des Morgens stand er um eine Stunde frьher auf als sonst, um vielleicht Frдulein Bьrstner allein treffen zu kцnnen, wenn sie ins Bьro ging. Aber keiner dieser Versuche gelang. Dann schrieb er ihr einen Brief sowohl ins Bьro als auch in die Wohnung, suchte darin nochmals sein Verhalten zu rechtfertigen, bot sich zu jeder Genugtuung an, versprach, niemals die Grenzen zu ьberschreiten, die sie ihm setzen wьrde, und bat nur, ihm die Mцglichkeit zu geben, einmal mir ihr zu sprechen, besonders da er auch bei Frau Grubach nichts veranlassen kцnnte, solange er sich nicht vorher mit ihr beraten habe, schlieЯlich teilte er ihr mit, daЯ er den nдchsten Sonntag wдhrend des ganzen Tages in seinem Zimmer auf ein Zeichen von ihr warten werde, das ihm die Erfьllung seiner Bitte in Aussicht stellen oder das ihm wenigstens erklдren solle, warum sie die Bitte nicht erfьllen kцnne, obwohl er doch versprochen habe, sich in allem ihr zu fьgen. Die Briefe kamen nicht zurьck, aber es erfolgte auch keine Antwort. Dagegen gab es Sonntag ein Zeichen, dessen Deutlichkeit genьgend war. Gleich frьh bemerkte K. durch das Schlьsselloch eine besondere Bewegung im Vorzimmer, die sich bald aufklдrte. Eine Lehrerin des Franzцsischen, sie war ьbrigens eine Deutsche und hieЯ Montag, ein schwaches, blasses, ein wenig hinkendes Mдdchen, das bisher ein eigenes Zimmer bewohnt hatte, ьbersiedelte in das Zimmer des Frдulein Bьrstner. Stundenlang sah man sie durch das Vorzimmer schlьrfen. Immer war noch ein Wдschestьck oder ein Deckchen oder ein Buch vergessen, das besonders geholt und in die neue Wohnung hinьbergetragen werden muЯte.
Als Frau Grubach K. das Frьhstьck brachte – sie ьberlieЯ, seitdem sie K. so erzьrnt hatte, auch nicht die geringste Bedienung dem Dienstmдdchen –, konnte sich K. nicht zurьckhalten, sie zum erstenmal seit fьnf Tagen anzusprechen. »Warum ist denn heute ein solcher Lдrm im Vorzimmer?« fragte er, wдhrend er den Kaffee eingoЯ, »kцnnte das nicht eingestellt werden? MuЯ denn gerade am Sonntag aufgerдumt werden?« Obwohl K. nicht zu Frau Grubach aufsah, bemerkte er doch, daЯ sie, wie erleichtert, aufatmete. Selbst diese strengen Fragen K.s faЯte sie als Verzeihung oder als Beginn der Verzeihung auf. »Es wird nicht aufgerдumt, Herr K.«, sagte sie, »Frдulein Montag ьbersiedelt nur zu Frдulein Bьrstner und schafft ihre Sachen hinьber.« Sie sagte nichts weiter, sondern wartete, wie K. es aufnehmen und ob er ihr gestatten wьrde, weiterzureden. K. stellte sie aber auf die Probe, rьhrte nachdenklich den Kaffee mit dem Lцffel und schwieg. Dann sah er zu ihr auf und sagte: »Haben Sie schon Ihren frьheren Verdacht wegen Frдulein Bьrstner aufgegeben?« »Herr K.«, rief Frau Grubach, die nur auf diese Frage gewartet hatte, und hielt K. ihre gefalteten Hдnde hin. »Sie haben eine gelegentliche Bemerkung letzthin so schwer genommen. Ich habe ja nicht im entferntesten daran gedacht, Sie oder irgend jemand zu krдnken. Sie kennen mich doch schon lange genug, Herr K., um davon ьberzeugt sein zu kцnnen. Sie wissen gar nicht, wie ich die letzten Tage gelitten habe! Ich sollte meine Mieter verleumden! Und Sie, Herr K., glaubten es! Und sagten, ich solle Ihnen kьndigen! Ihnen kьndigen!« Der letzte Ausruf erstickte schon unter Trдnen, sie hob die Schьrze zum Gesicht und schluchzte laut.
»Weinen Sie doch nicht, Frau Grubach«, sagte K. und sah zum Fenster hinaus, er dachte nur an Frдulein Bьrstner und daran, daЯ sie ein fremdes Mдdchen in ihr Zimmer aufgenommen hatte. »Weinen Sie doch nicht«, sagte er nochmals, als er sich ins Zimmer zurьckwandte und Frau Grubach noch immer weinte. »Es war ja damals auch von mir nicht so schlimm gemeint.
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Viertes Kapitel Die Freundin des Frдulein Bьrstner
In der nдchsten Zeit war es K. unmцglich, mit Frдulein Bьrstner auch nur wenige Worte zu sprechen. Er versuchte auf die verschiedenste Weise, an sie heranzukommen, sie aber wuЯte es immer zu verhindern. Er kam gleich nach dem Bьro nach Hause, blieb in seinem Zimmer, ohne das Licht anzudrehen, auf dem Kanapee sitzen und beschдftigte sich mit nichts anderem, als das Vorzimmer zu beobachten. Ging etwa das Dienstmдdchen vorbei und schloЯ die Tьr des scheinbar leeren Zimmers, so stand er nach einem Weilchen auf und цffnete sie wieder. Des Morgens stand er um eine Stunde frьher auf als sonst, um vielleicht Frдulein Bьrstner allein treffen zu kцnnen, wenn sie ins Bьro ging. Aber keiner dieser Versuche gelang. Dann schrieb er ihr einen Brief sowohl ins Bьro als auch in die Wohnung, suchte darin nochmals sein Verhalten zu rechtfertigen, bot sich zu jeder Genugtuung an, versprach, niemals die Grenzen zu ьberschreiten, die sie ihm setzen wьrde, und bat nur, ihm die Mцglichkeit zu geben, einmal mir ihr zu sprechen, besonders da er auch bei Frau Grubach nichts veranlassen kцnnte, solange er sich nicht vorher mit ihr beraten habe, schlieЯlich teilte er ihr mit, daЯ er den nдchsten Sonntag wдhrend des ganzen Tages in seinem Zimmer auf ein Zeichen von ihr warten werde, das ihm die Erfьllung seiner Bitte in Aussicht stellen oder das ihm wenigstens erklдren solle, warum sie die Bitte nicht erfьllen kцnne, obwohl er doch versprochen habe, sich in allem ihr zu fьgen. Die Briefe kamen nicht zurьck, aber es erfolgte auch keine Antwort. Dagegen gab es Sonntag ein Zeichen, dessen Deutlichkeit genьgend war. Gleich frьh bemerkte K. durch das Schlьsselloch eine besondere Bewegung im Vorzimmer, die sich bald aufklдrte. Eine Lehrerin des Franzцsischen, sie war ьbrigens eine Deutsche und hieЯ Montag, ein schwaches, blasses, ein wenig hinkendes Mдdchen, das bisher ein eigenes Zimmer bewohnt hatte, ьbersiedelte in das Zimmer des Frдulein Bьrstner. Stundenlang sah man sie durch das Vorzimmer schlьrfen. Immer war noch ein Wдschestьck oder ein Deckchen oder ein Buch vergessen, das besonders geholt und in die neue Wohnung hinьbergetragen werden muЯte.
Als Frau Grubach K. das Frьhstьck brachte – sie ьberlieЯ, seitdem sie K. so erzьrnt hatte, auch nicht die geringste Bedienung dem Dienstmдdchen –, konnte sich K. nicht zurьckhalten, sie zum erstenmal seit fьnf Tagen anzusprechen. »Warum ist denn heute ein solcher Lдrm im Vorzimmer?« fragte er, wдhrend er den Kaffee eingoЯ, »kцnnte das nicht eingestellt werden? MuЯ denn gerade am Sonntag aufgerдumt werden?« Obwohl K. nicht zu Frau Grubach aufsah, bemerkte er doch, daЯ sie, wie erleichtert, aufatmete. Selbst diese strengen Fragen K.s faЯte sie als Verzeihung oder als Beginn der Verzeihung auf. »Es wird nicht aufgerдumt, Herr K.«, sagte sie, »Frдulein Montag ьbersiedelt nur zu Frдulein Bьrstner und schafft ihre Sachen hinьber.« Sie sagte nichts weiter, sondern wartete, wie K. es aufnehmen und ob er ihr gestatten wьrde, weiterzureden. K. stellte sie aber auf die Probe, rьhrte nachdenklich den Kaffee mit dem Lцffel und schwieg. Dann sah er zu ihr auf und sagte: »Haben Sie schon Ihren frьheren Verdacht wegen Frдulein Bьrstner aufgegeben?« »Herr K.«, rief Frau Grubach, die nur auf diese Frage gewartet hatte, und hielt K. ihre gefalteten Hдnde hin. »Sie haben eine gelegentliche Bemerkung letzthin so schwer genommen. Ich habe ja nicht im entferntesten daran gedacht, Sie oder irgend jemand zu krдnken. Sie kennen mich doch schon lange genug, Herr K., um davon ьberzeugt sein zu kцnnen. Sie wissen gar nicht, wie ich die letzten Tage gelitten habe! Ich sollte meine Mieter verleumden! Und Sie, Herr K., glaubten es! Und sagten, ich solle Ihnen kьndigen! Ihnen kьndigen!« Der letzte Ausruf erstickte schon unter Trдnen, sie hob die Schьrze zum Gesicht und schluchzte laut.
»Weinen Sie doch nicht, Frau Grubach«, sagte K. und sah zum Fenster hinaus, er dachte nur an Frдulein Bьrstner und daran, daЯ sie ein fremdes Mдdchen in ihr Zimmer aufgenommen hatte. »Weinen Sie doch nicht«, sagte er nochmals, als er sich ins Zimmer zurьckwandte und Frau Grubach noch immer weinte. »Es war ja damals auch von mir nicht so schlimm gemeint.
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